Liberalisierung: Eine endlose Story?
Liberalisierung: Eine endlose Story?
«Im Hinblick auf die Strommarktöffnung»: Diese Formulierung war seit Mitte der 1990er Jahre in unzähligen Papieren und Artikeln zu lesen. Doch mit der Ablehnung des Elektrizitätsmarktgesetzes, das die vollständige Liberalisierung innert sechs Jahren vorsah, erlitten die Befürworter der Marktöffnung 2002 vorerst einen Rückschlag. Im zweiten Anlauf klappte es dann: 2008 trat das Stromversorgungsgesetz (StromVG), ohne Volksabstimmung, in Kraft. Das StromVG brachte das so genannte Unbundling, das heisst die Trennung von Energie und Netzen, und die Aufhebung der Bezugs- und Lieferpflicht. Die Netzentgelte dürfen fremde Lieferanten nicht diskriminieren. Auf den 1. Januar 2009 wurde der Strommarkt für Grosskunden mit einem Jahresverbrauch von über 100'000 kWh und für alle Stromverteilunternehmen geöffnet.
Kampf um Grosskunden
Um die Grosskunden ist seither ein Kampf im Gange, der 2013 durch die europaweit anhaltend sinkenden Strompreise noch verschärft wurde. Grosskunden wandten sich von den festen Tarifstrukturen ab und nutzten den freien Marktzugang. Nicht alle wechselten den Anbieter. Doch die Tatsache, dass der Strommarkt angefangen hatte zu spielen, konnte festgestellt werden. Bei der SAK führte man im Geschäftsbericht 2012/13 zum gleichen Thema aus: «Die Preisentwicklung führte zu einem markanteren Wettbewerb, der sich vor allem bei den Grosskunden verstärkt bemerkbar machte. Die persönliche Kundenbetreuung ermöglichte eine individuelle Beratung; die Schaffung neuer marktfähiger Produkte eine professionelle und bedürfnisgerechte Lösung für Grosskunden und Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU).»
Das Versorgungsgebiet der SAK hatte schon zu Monopolzeiten nicht den ganzen Kanton St.Gallen umfasst. 1929 gründeten die Stadt St.Gallen und die Gemeinde Schwanden die Kraftwerke Sernf-Niederenbach (heute SN Energie). 1939 schloss sich die Stadt Rorschach dem neuen Unternehmen an, und noch vor der Strommarktöffnung setzte das Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil (EWJR) durch, dass die SAK für den Strom, den das EWJR neu von der SN Energie bezog, das Durchleitungsrecht – gegen Entgelt – gewähren musste. Das EWJR war 1999 Aktionär der SN Energie geworden. Mit der Gründung der Energieplattform AG (EP AG, siehe Eintrag 2014) hat sich die SAK aber ein gutes Instrument in die Hand gegeben, um die lokalen EVU als Kunden zu halten und für eine aktive Partizipation als Partner oder Aktionär der EP AG zu gewinnen.
Kleinkunden: 2018 statt 2008?
Für die Kleinkunden und Privathaushalte (Jahresverbrauch unter 100'000 kWh) sah man nach dem Inkrafttreten des StromVG die Marktöffnung für 2014 vor, fünf Jahre nach den Grosskunden. Das liess sich nicht realisieren. Als nächstes Datum wurde 2018 in Aussicht gestellt, weil man der Stromwirtschaft Zeit für die Umstellungen geben wollte. Für Grosskunden sollte die bisher freiwillige Teilnahme am geöffneten Strommarkt obligatorisch werden. Die Netzentgelte sollten nicht dem Markt unterliegen, sondern – dies im Unterschied zum Preis der bezogenen Energie – nach einheitlichen Kalkulationsvorgaben festgesetzt sein. «Jeder Monat ohne vollständige Strommarktöffnung geht zulasten der Kleinkunden», ärgerte sich die Neue Zürcher Zeitung über das aus ihrer Sicht zu langsame Tempo. Eine Alternative zu einer vollständigen Strommarktöffnung gebe es nicht. Aber selbst der Zeitpunkt 2018 war, unter anderem wegen der Möglichkeit eines Referendums gegen den noch zu fällenden Parlamentsentscheid, mit Unsicherheiten verknüpft. Nebst der Linken äusserten sich auch die kleineren EVU ablehnend zur vollständigen Liberalisierung.
Die vollständige Strommarktöffnung werde eine grosse Herausforderung sein, erklärte SAK CEO Stefano Garbin in einem Interview mit dem St.Galler Tagblatt. Die SAK müsse den Kunden nachhaltige, effiziente und wettbewerbsfähige Lösungen anbieten, aber auch ein attraktiver Arbeitgeber sein, um mit qualifizierten, leistungsorientierten und eigenverantwortlich handelnden Mitarbeitenden die gewählte Unternehmensstrategie umsetzen zu können.
Michelle Eberle
Bartgeier Schils, ein Gummiarm und Zufälle über Zufälle
Michelle Eberle ist Mitarbeitende in der Unternehmenskommunikation der SAK. Das Jubiläumsjahr bescherte ihr viele interessante Aufgaben – ein unkonventionelles Fotoshooting, ein Seifenkistenrennen und die Kommunikation zur Auswilderung des Bartgeiers Schils.
Michelle Eberle
«Wir hatten in der Unternehmenskommunikation im Jubiläumsjahr viele spannende Projekte. Ich begleite beispielsweise den SAK Wettbewerb beim St.Galler Radiosender FM1. Als am 1. Dezember die erste Quizfrage ausgestrahlt wurde und die Kandidatin auch noch die Antwort wusste, da war das für mich mega aufregend. Der Wettbewerb läuft seither von Montag bis Freitag täglich während eines Jahres. Mein Ansprechpartner bei FM1 meinte, es habe immer extrem viele Leute, die anrufen – alle Leitungen seien jeweils besetzt. Kein Wunder, es gibt täglich 100 Franken zu gewinnen. Weiss jemand die Antwort nicht, gehen sie in einen Jackpot. Der wurde, gefüllt mit 600 Franken, letztens geknackt – die Gewinnerin hat sich, live am Radio, riesig gefreut. Das freut mich dann natürlich auch.
Packend war, bei der Erarbeitung der Bildwelten für die Kommunikation anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums dabeizusein. Wir hatten anfangs diese alten Fotos aus dem vergangenen Jahrhundert, auf denen zwei Personen abgebildet waren. Wir gingen hin und ersetzten die eine Person durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter der SAK. So schüttelt meine Kollegin Vanessa, die Leiterin Verrechnung im Kundencenter, auf dem einen Bild von 1977 einer älteren Dame die Hand. Damit diese Montage gelang, installierte der Fotograf vor neutralem Hintergrund einen Gummiarm, dessen Hand Vanessa dann schütteln musste. Das sah sehr lustig aus. Er machte Fotos, begutachtete sie am Computer vor dem Hintergrund des alten Fotos und kontrollierte, ob Perspektive und Schattenwurf passten. Das war nicht gleich der Fall. Darum schüttelte Vanessa wieder und wieder die Hand aus Gummi – bestimmt eine Stunde lang. Was dann folgte, hätten wir besser nicht planen können: Als das Sujet mit der älteren Dame zum ersten Mal als Inserat in der Zeitung erschienen war, erhielten wir den Anruf einer Frau, die angab, dass es ihre Mutter sei, die da abgebildet war. Die Frau lebte im Ausland, war aber zufällig in der Schweiz und las ebenso zufällig die Zeitung, in der wir das Inserat geschaltet hatten. Sie kontaktierte ihre Geschwister: ‹Das ist doch unser Mami!› Schliesslich war es auch noch ausgerechnet Vanessa, die den Anruf der Tochter entgegennahm.
Freude macht mir auch die Sichtung von Sponsoringanfragen. Wir unterstützen so viele kleine Vereine – Sport-, Turn- und Schwimmvereine, Guggenmusiken oder ‹Jodlerchörli›, eine richtig bunte Mischung. Cool fand ich, dass wir Hauptsponsor des Seifenkistenrennens im ausserrhodischen Speicher waren. Natürlich schaute ich mir an, wie ‹unser› Nachwuchspilot in ‹unserer› Seifenkiste die Piste herabschoss. Etwas Besonderes ist auch unsere Namenspatenschaft für den Bartgeier Schils. Die SAK hatte im st.gallischen Flums gerade die EW Schils AG erworben, als die Stiftung Pro Bartgeier im selben Tal zwei Jungtiere auswilderte. Das passte so gut, dass unser Verwaltungsratspräsident es sich nicht nehmen liess, am Tag von Schils‘ Auswilderung dabei zu sein.»
Michelle Eberle ist Sachbearbeiterin Unternehmenskommunikation und seit 2008 bei der SAK tätig.
Zahlen und Fakten
Benedikt Würth (seit Februar 2013)
313
2’375 km2
440’000
2’924 Mio. kWh Jahresabsatz
74.4 Mio. kWh Strom
19.4 Mio. kWh Wärmeenergie
37 Unterwerke
über 1’200 Trafostationen
4’510 km Stromnetz
17’000 Anschlüsse
1'500 km Glasfasernetz