Zürcher Stimmvolk beerdigt Hexagon
Zürcher Stimmvolk beerdigt Hexagon
«Ein wichtiger Meilenstein für das Zustandekommen der Axpo ist die Volksabstimmung vom 10. Juni 2001 im Kanton Zürich», schrieb Regierungsrat Jakob Brunnschweiler, Energiedirektor des Kantons Appenzell Ausserrhoden und Verwaltungsrat der SAK, im Editorial der SAK Hus Zitig 2/2001. Und genau diese Voraussetzung wurde nicht erfüllt. Die Zürcher Stimmberechtigten lehnten es mit 51,4% Nein-Stimmen ab, die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) durch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu verselbständigen und danach in die Axpo Holding einzubringen. «EKZ, Axpo und der Kanton Zürich wollen nun andere Wege suchen, um dem liberalisierten Strommarkt zu begegnen», schrieb die Neue Zürcher Zeitung in ihrem Abstimmungsbericht.
Die bevorstehende Strommarktöffnung war der Anlass für die Absicht, die Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK) und die an ihnen beteiligten Kantonswerke in einer neuen Gesellschaft, der Axpo Holding, zusammenzufassen. Weil sechs Gesellschaften beteiligt waren, lief das Projekt zur Integration unter dem Namen Hexagon, und als erstes wurde für Handel und Verkauf 1999 eine separate Axpo-Gesellschaft gebildet. «Mit der Zusammenlegung aller Handels- und Verkaufsaktivitäten werden Marketingkompetenzen und Marktnähe im Detail- und Verbundmarkt aufgebaut, um die Kunden noch effizienter und kostengünstiger zu betreuen», hiess es dazu im Geschäftsbericht 1999/2000.
Die SAK Hus Zitig 1/2000 berichtete euphorisch über den Besuch des Musicals «Space Dream» nach einer Axpo-Vertriebspartnertagung: «Unterlegt von sphärischen Klängen beschrieb eine Stimme aus dem All die Sternen- und Planeten-Konstellation unseres neuen Unternehmens. Der Übergang zum eigentlichen Musical war fliessend, und eine faszinierende Laser-, Klang- und Farbenschau begann. Immer wieder frappierte die Übereinstimmung der Space-Dream-Handlung mit der Realität der neuen Handels- und Vertriebsgesellschaft Axpo; ganz im Sinn ‹nur zusammen sind wir stark!›». Im März 2001 folgte die Gründung der Holding, ein paar Monate später diejenige der Axpo IT. Die SAK zog mit, doch betonte man in St.Gallen stets, die Arbeitsplätze dürften nicht einfach in Zürich und Baden, wo sich der Sitz der NOK befand, konzentriert werden.
Energiedirektoren zunächst unbeirrt
«Als besondere Stärke darf die Axpo-Gruppe für sich in Anspruch nehmen, einen leistungsfähigen Produktionspark zu betreiben, der eine langfristige Verfügbarkeit an elektrischer Energie innerhalb des Axpo-Versorgungsgebietes sicherstellt», schrieb SAK Direktor Theo Wipf in der SAK Hus Zitig Ende 2001. Der Aufbau der Axpo-Gruppe sei durch den negativen Volksentscheid im Kanton Zürich zwar verzögert worden. «Die Energiedirektoren der NOK-Kantone wollen dennoch an der ursprünglichen Zielsetzung zur Bildung einer integrierten Strategischen Holding festhalten und einen Stromkonzern mit den Tochtergesellschaften für die Produktion, Netz sowie Handel und Vertrieb der elektrischen Energie aufbauen.» Dazu brauche es aber eine zweite Volksabstimmung im Kanton Zürich. «Die Zwischenzeit nutzen die Kantonswerke, ihre seit Jahrzehnten bestehende Kooperation auszubauen und zu vertiefen.» 2002 übernahm die Axpo die Innerschweizer Stromversorgerin CKW und die Stromhändlerin EGL.
«Die SAK hat keine Veranlassung, vom Kurs der immer engeren Zusammenarbeit mit der Axpo abzuweichen», hielt SAK Verwaltungsratspräsident Hans Ulrich Stöckling auch nach dem Nein zum Elektrizitätsmarktgesetz noch fest. Anfang 2002 hatten die Kantonswerke und die NOK sich vertraglich auf eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen Informatik, Kundenbetreuung, gemeinsame Richtlinien für den Netzzugang, gemeinsame Netztechnik und Harmonisierung der Anstellungsbedingungen für das Personal geeinigt. «Die SAK waren schon immer das, was man heute eine Netzgesellschaft nennt», wurde Stöckling im St.Galler Tagblatt weiter zitiert.
Zweite Abstimmung kam nicht
Doch die Zürcher Regierung zog die angekündigte zweite Vorlage zur Verselbständigung der EKZ im Mai 2003 sang- und klanglos zurück. Das Integrationsprojekt Hexagon wurde daraufhin gestoppt und damit das Vorhaben einer gemeinsamen Verteilnetzgesellschaft unter dem Dach der Axpo Holding abgebrochen. Bis auf weiteres wollten sich die Eigentümerkantone der Axpo darauf beschränken, allfällige sich ergebende Kooperationschancen zu nutzen, wie die Neue Zürcher Zeitung rapportierte. Die Verträge mit der Axpo IT hat die SAK aufgekündigt.
Reinhard Künzler
Ein König, seine Vasallen und Jugend mit viel Potenzial
Reinhard Künzler ist Leiter Personal bei der SAK. Er hat den Kulturwandel in der Branche hautnah miterlebt, profitiert nachhaltig vom Projekt Hexagon und ist überzeugt: Jugend darf ungestüm sein.
Reinhard Künzler
«Als mein Vorgänger nach 36 Jahren SAK pensioniert wurde und ich als neuer Leiter Personal 1993 einstieg, war ich gerade 36 Jahre alt. Er startete somit als Lohnbuchhalter bei der SAK just in dem Jahr, als ich geboren wurde. Ein wichtiges Datum für mich war der 1. Januar 1999. Ab da galten ein neues, leistungsorientiertes Lohnsystem und die konzeptionelle Reorganisation unserer Pensionskasse. Wir wechselten vom Leistungs- zum Beitragsprimat und damit vom Grundsatz ‹Ausbezahlt werden soundsoviele Prozente des Lohns, koste es, was es wolle› zum Grundsatz ‹Ausbezahlt werden Beiträge, die dem angesparten Kapital entsprechen›. Tatsächlich verfolgen wir heute eine kombinierte Strategie: Grundsätzlich gilt das Beitragsprimat, wir streben darüber hinaus aber ein definiertes Ziel an.
Kurze Zeit später startete das Projekt Hexagon. Dieses hatte zum Ziel, fünf Kantonswerke zusammen mit der Axpo unter ein Dach zu stellen. Die Personalverantwortlichen aller beteiligten Werke arbeiteten in Projektgruppen zusammen und diskutierten Personal- und Vorsorgefragen. Daraus resultierten Ergebnisse, die teilweise bis heute nachwirken: Eine gemeinsame Pensionskassenlösung und eine Harmonisierung der allgemeinen Anstellungsbedingungen. Spannend war auch das Kennenlernen und Vergleichen der unterschiedlichen Unternehmenskulturen. Ein Beispiel: Unser früherer Direktor reiste fast immer mit der Bahn an auswärtige Anlässe. Je näher man aber dem Raum Zürich–Baden kam, umso häufiger wurden Direktoren, die damals per Dienstwagen und Chauffeur unterwegs waren.
Ich erinnere mich auch noch sehr gut an die erste Sitzung der Kommission für Personalfragen in unserer Branche. Ich war erst kurz bei der SAK und zudem das jüngste Mitglied. Anlässlich der Kommissionsgründung lud uns der Direktor der Thurgauer Werke ins Restaurant Ruggisberg in Lömmenschwil ein. Ich dachte mir: ‹So muss es im Mittelalter gewesen sein – der König isst mit seinen Vasallen.› Der Direktor sass am Kopf des Tisches und je unbedeutender eine Person war, umso weiter entfernt von ihm sass sie. Als ‹Greenhorn› hockte ich natürlich irgendwo, weit weg vom ‹König›. Das war charakteristisch für die Branche. In den letzten Jahren hat sich eine Kultur entwickelt, in der man sich duzt, und ab einem gewissen Punkt machten wir das offiziell. Ich bin sicher, dieser Kulturwechsel hat sich auch in der Beziehung mit unserem Umfeld vollzogen: Wir sprechen beispielsweise nicht mehr von Abonnenten wie vor zehn Jahren, sondern von Kunden.
Rückblickend amüsiert mich, dass wir gestandene Mitarbeitende in unseren Reihen haben bzw. hatten, die bei uns die Lehre machten und bei denen man es sich nicht hätte vorstellen können, dass sie einst besondere Verantwortung übernehmen würden. Einer fuhr sogar ein SAK Auto zu Schrott und hatte auch sonst mehr Unsinn im Kopf als nötig. Heute ist er ein hervorragender Mitarbeiter, der selbst wieder Lehrlinge ausbildet. Mir wurde dadurch klar: Die Jugend darf ungestüm sein und muss Dinge ausprobieren können. Wir Älteren können lediglich ab und zu etwas bremsen oder korrigierende Ideen einfliessen lassen.»
Reinhard Künzler ist seit 1993 bei der SAK als Leiter Personal tätig.
Zahlen und Fakten
244
2’325 km2
400’000
2'628 Mio. kWh
7 Kraftwerke
37 Unterwerke
929 Trafostationen
ca. 4’000 km Stromnetz